BAG Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Mit der Entscheidung des BAG, die Arbeitszeiterfassung zur Pflicht zu machen, ändert sich folgendes:

  • Für Arbeitgeber, die ohnehin bereits eine (elektronische) Zeiterfassung im Betrieb durchführen ist das nicht weiter wichtig!
  • Für Arbeitgeber, die bisher auf Vertrauensarbeitszeit setzen bedeutet es aber, dass ab sofort die Pflicht zur Zeiterfassung gilt.
  • Das 'wie' der Zeiterfassung bleibt aber weiterhin dem Arbeitgeber überlassen, es muss also keine elektronische Zeiterfassung erfolgen.

Weitere Einzelheiten und Hinweise des Gerichts gibt sicher die Entscheidung im Volltext her, sodass man auf die Veröffentlichung noch gespannt sein darf.

Der Gesetzgeber unter Zugzwang

Das BAG hat mit der Entscheidung den Gesetzgeber unter Zugzwang gebracht, denn es gibt bisher noch keine gesetzlichen Vorgaben der EU-Vorgaben! Die letzte Anpassung erfolgte im Dezember 2020.

Das wirkt sich auch auf die Folgen des Mindestlohngesetzes aus. Grundsätzlich gilt hier bereits folgendes: 

  • Nach dem Mindestlohngesetz hat jeder volljährige Arbeitnehmer einen unabdingbaren Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.
  • Dieser beträgt ab dem 1. Oktober 2022: 12,- EUR (brutto) je Zeitstunde.

 

Damit die dafür zuständige Zollverwaltung die Einhaltung des Mindestlohns kontrollieren kann, müssen bestimmte Arbeitgeber die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer dokumentieren. In der Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung (MiLoDokV) wird die Dokumentationspflicht auf die Arbeitszeit bestimmter Arbeitnehmer beschränkt.

  • Die MiLoDokV beschränkt die Dokumentations- und Meldepflichten aus dem deutschen Mindestlohngesetz auf Arbeitnehmer, deren verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt höchstens brutto 2 958 Euro beträgt.
  • Nach § 17 Abs. 1 und 2 Mindestlohngesetz müssen Arbeitgeber der Branchen, die in § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannt sind, oder Arbeitgeber, die geringfügig Beschäftigte beschäftigen, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer innerhalb einer Woche aufzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufbewahren. 
  • Diese Dokumentationspflicht entfällt nach der MiLoDokV hinsichtlich der Arbeitszeiten derjenigen Arbeitnehmer, die mehr als 2 958 Euro monatlich verdienen. Das gilt allerdings nur dann, wenn für diese Arbeitnehmer alle Arbeitszeiten aufgezeichnet werden, die über acht Stunden werktäglich hinausgehen.
  • Unberührt bleibt die Pflicht aller Arbeitgeber, die Arbeitszeiten von geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern zu dokumentieren.

 

Auch die Pflicht ausländischer Arbeitgeber sowie Leiharbeitgeber nach § 16 Mindestlohngesetz, der Bundesfinanzdirektion West zu melden, wenn sie Arbeitnehmer in Deutschland in den in § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Branchen beschäftigten bzw. an Arbeitgeber dieser Branchen Arbeitnehmer überlassen, und die Pflicht zu versichern, dass diesen Arbeitnehmern mindestens der Mindestlohn gezahlt wird, wird durch die MiLoDokV auf Arbeitnehmer beschränkt, die regelmäßig höchstens 2 985 Euro monatlich verdienen.

Mit der Vorgabe des BAG, "...dass gilt für alle Arbeitgeber", ist jetzt auch ohne gesetzliche Vorgabe klar, dass die unionsrechtskonforme Auslegung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG eine gesetzliche Verpflichtung dahingehend ergibt, dass die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu erfassen sind!

Fazit

Es ändert sich mit dem Mindestlohn zwar nichts bezüglich der Zeiterfassungspflicht, aber eben mit dem Urteil des BAG! Für die allermeisten Gastronomen ist das kein Problem und nur der neue Mindestlohn in Höhe von 12 Euro ist hier die entscheidende Änderung (bisher waren es 10,45 EUR).

Für den Rest ist es nun notwendig, die Zeiterfassung tatsächlich durchzuführen. Noch gibt es keine Vorgaben und die Zeiterfassung kann elektronisch oder analog erfolgen. Inwieweit hier eine gesetzliche Vorgabe geplant ist, ist abzuwarten. Genaueres wird man erst nach der Volltext-Veröffentlichung des BAG Urteil sagen können, sofern auch hier Hinweise des Gerichts gegeben werden.

Grundsätzlich wäre die Vorgabe einer elektronischen Erfassung wohl aus Effizienzgründen und einer besseren Kontrollierbarkeit sinnvoll, inwieweit aber die Politik hier entsprechende Vorgaben machen wird, kann derzeit nicht seriös vorhergesagt werden.

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